Burn-out: Erst die anderen retten, dann mich

Auspowern & Burn out – Die verborgene Hilflosigkeit des helfenden Kindes

 

Wenn Menschen einander helfen, stärken sie ihre Bindung untereinander. Bei starken Bindungen ist das Verhältnis zwischen Helfen und Geholfenwerden ausgeglichen.

 

Wenn Menschen jedoch glauben, sie müssen helfen und haben dabei keine Wahl, dann steckt dahinter eine eigene Not: Die eigene Hilflosigkeit gehört zu den Gefühlen, die wir am schlechtesten aushalten können, insbesondere wenn Angehörige (meistens die Eltern) belastet, traurig und hilflos wirken.

 

Wenn Kinder dann durch Zufall lernen, dass Helfen, Schonen, Pflegeleichtigkeit und Eigenständigkeit die Hilflosigkeit der anderen lindert, dann lernen sie auch, dass sie ihre eigene Hilflosigkeit damit lindern.

 

Diese Lernerfahrung hat für solche Kinder Folgen:

1. Sie lernen, dass sie als kleine Kinder bei den großen Eltern wirksam sind, und wachsen über sich hinaus. Solche Kinder haben wenig Angst vor großen Problemen und setzen sich mit großem Eifer für andere und deren Probleme ein. Sich aber gleichermaßen für sich selbst einzusetzen, fällt ihnen meist schwer. Eigene Ziele, die eigene Gesundheit, das eigene Glück stehen dann hinten an.

 

2. Sie hören auf, Kind zu sein, und erleben hilflose Eltern als „ihre Sorgenkinder“, um die sie sich kümmern müssen, so als seien sie die „Eltern“ der eigenen Eltern. Wenn sie sich nicht um sie kümmern – so die Angst – dann geht es den Eltern schlecht oder dann passiert etwas Schlimmes. Sie verlieren das Vertrauen in die Kraft und den Schutz der Eltern und fühlen sich allein und „elternlos“. Sie trauen sich nicht, die Hilfe der Eltern und deren guten Segen zu erbitten.

 

3. Sie fühlen sich für das Glücklichsein der Eltern zuständig und verantwortlich. Wenn es den Eltern trotz der Hilfe immer noch nicht gut geht, dann entsteht ein Gefühl, als haben sie es nur nicht genug getan oder sie seien nicht gut genug. Der Selbstwert hängt dann vom Glücklichsein der anderen ab. Mitunter folgen Schuldgefühle und Selbstbestrafungen für das „Versagen“, die Eltern nicht glücklich gemacht zu haben oder nicht gut genug auf sie aufgepasst zu haben.

 

4. Diese Helfer- und Rettermission bindet die Kinder an die Eltern, sodass sie nicht frei werden für ihren eigenen Weg. Sie treffen dann Entscheidungen basierend auf dem Gefühl, dass sie die Eltern nicht im Stich lassen können, dass sie den Eltern nicht untreu werden können und dass sie es den Eltern rechtmachen wollen. Sie wollen statt dessen immer für sie da sein und sich die Liebe der Eltern durch die eigene, selbstlose Aufopferung verdienen.

 

5. Vor lauter Aufopferung für die Eltern wird die eigene Sehnsucht, um seiner selbst willen wie ein Kind geliebt zu werden und ohne sich die Liebe durch Leistung und Aufopferung verdienen zu müssen, nicht gesehen. Diese Sehnsucht bleibt lebenslang erhalten und richtet sich dann oft an die eigenen Kinder, an Partner und andere Menschen, die damit nichts anfangen können. Enge Bindungen leiden dann oder können erst gar nicht entstehen.

 

6. All die Opfer für die Eltern blockieren die eigene Autonomie, und niemand sieht diese Opfer. Darüber entsteht meist Wut, die aber nicht zugelassen wird aus Angst, dann nicht mehr geliebt zu werden. Diese Wut wird dann häufig gegen sich selbst gerichtet und macht schließlich Symptome.